Ein Querulant war er, ein schwarzes Schaf. „Kleingeistige Kriecher“ nannte Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) seine deutschen Landsleute, die nichts von fremden Kulturen wissen wollten. Er verspottete Beamte als „Knechte der Gewalt“ und verachtete die Regierung, die „ein freies Gemüt hasst“. Wegen von Fallerslebens „bitteren Spottes“, mit denen er die „öffentlichen und sozialen Zustände in Deutschland“ angriff, sprachen ihm die Innenminister ein Berufsverbot aus. Der Hans Söllner des 19. Jahrhunderts „sang mit einem Humore, unter dem der tiefste Schmerz verborgen liegt“, schrieb die Mannheimer Abendzeitung 1843 in einer Konzertkritik. Fünf Jahre später waren von Fallerslebens Lieder die Hymnen der Revolution – auch sein „Weihe- und Huldigungslied“ mit dem Titel „Deutschland über alles“, das 1922 zur Nationalhymne erkoren wurde.
Die Bremer Combo Grenzgänger hat sich auf „Knüppel aus dem Sack“ dem Leben und den garstigen Gesängen angenommen. Mit Akkordeon, Mundharmonika, Mandoline, Banjo, Schlagzeug und Trompete wurden die Stücke neu instrumentiert. Sicher, Folkrock ist niemandes Sache. Aber wenn sich deutsche Traditionslieder in Tango oder HipHop verwandeln, sollten die Ohren aufgehen. Gruseliges wie Fiddlers Green oder Subway to Sally kann man dann prima vergessen. Nicht nur aus akademischen Gründen oder weil die Grenzgänger zu Recht für den Preis der deutschen Schallplattenkritik nominiert sind.
Lars Christiansen, in „1/4nach5“, FC St.Pauli Fanmagazin, Juni 2002