Die Grenzgänger & Frank Baier: Lieder der Märzrevolution 1920
Die Grenzgänger und Frank Baier laden ein zur Geschichtsstunde. Für die Grenzgänger ist es ihr drittes Projekt zu historischen Ereignissen, die von der offiziellen Geschichtsschreibung in der Regel zumindest stiefmütterlich behandelt werden. Diesmal befassen sie und der Duisburger Arbeiterliedermacher Frank Baier sich gemeinsam mit dem Widerstand der Arbeiter an Rhein und Ruhr gegen jenen Militärputsch in Berlin im März 1920, der unter dem Namen Kapp-Putsch bekannt wurde.
Neunzehn Stücke haben sie auf die CD gebracht, entstanden zwischen 1916 und 2004. Zum Teil stammen die Texte aus mündlicher Überlieferung durch Zeitzeugen, und Frank Baier, Michael Zachcial und / oder Jörg Fröse schrieben die Musik dazu. Aber auch Songs aus den 70er/80er Jahren des letzten Jahrhunderts, u. a. von Rio Reiser, fanden Verwendung. Hinzu kommen neue, eigene Stücke.
Die Zusammenarbeit mit Frank Baier erweist sich als Glücksgriff für die Grenzgänger. Seit den 60er Jahren befasst sich Baier unermüdlich mit der, nicht nur musikalischen Geschichte der Arbeiter vornehmlich in seiner Heimatregion, also dem Ruhrgebiet. Er besitzt ein reichhaltiges Archiv von Büchern, Tonbändern und Videos, das für dieses Projekt mehr als Gold wert war. Was die Grenzgänger und Baier daraus an Informationen gefiltert haben, findet sich im 68-seitigen, mit vielen historischen Fotos illustrierten, Booklet der CD.
Vor dreißig Jahren war es Mode, aber heute gibt es in Deutschland kaum noch Menschen, die sich mit solcher Besessenheit und gleichzeitig solcher Sachkenntnis für die Erhaltung proletarischen Liedgutes und damit für die richtige Einordnung wichtiger historischer Begebenheiten einsetzen. Den Grenzgängern und Frank Baier ist es mit dieser CD gelungen, den Widerstand gegen den Kapp-Putsch nicht nur zu dokumentieren, sondern gleichzeitig der offiziellen Geschichtsschreibung ein Stück „Geschichte von unten“ entgegenzustellen.
Ingo Nordhofen, Witten